Achtsames Essen für mehr Wohlbefinden

Entdecke die Welt des achtsamen Essens: von bewusstem Genießen bis zu positiven Auswirkungen auf Körper und Psyche. Mit konkreten Tipps und der Rosinenübung von Jon Kabat-Zinn erfährst Du, wie kurze Momente der Achtsamkeit Deinen Alltag bereichern können.

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Achtsamkeit ist viel mehr als ein Trend – es ist eine Lebensphilosophie, die darauf abzielt, bewusste Aufmerksamkeit im gegenwärtigen Moment zu kultivieren. Im Bereich der Ernährung bedeutet das, beim Essen ganz präsent zu sein und bewusst zu genießen.

Achtsames Essen ist ein Ansatz, der Dich dazu ermutigt, nicht nur zu essen, um satt zu werden, sondern jede Mahlzeit bewusst zu erleben. Es geht darum, auf die Bedürfnisse Deines Körpers zu hören, die Aromen und Texturen der Nahrung bewusst wahrzunehmen und Dich dabei voll und ganz dem Genuss hinzugeben.

Warum ist das wichtig? Achtsames Essen fördert nicht nur ein gesundes Verhältnis zum Essen, sondern steigert auch Dein allgemeines Wohlbefinden. Es ermöglicht Dir, bewusste Entscheidungen bei der Auswahl von Lebensmitteln zu treffen und jede Mahlzeit in vollen Zügen zu genießen. Achtsames Essen hat darüber hinaus eine Reihe von positiven Auswirkungen auf das Essverhalten, den Körper und die Psyche:

Effekte von achtsamen Essen:

Essverhalten

Achtsames Essen wirkt sich positiv auf die kognitive Kontrolle bezüglich des Essens aus (Dalen et al., 2010). Das bedeutet, dass es leichter fällt, bewusst und kontrolliert zu essen. So wurde achtsames Essen auch mit der Verringerung von Essanfällen und emotionalem Essen (Warren et al., 2017) und mit einer geringeren Kalorienaufnahme und gesünderen Essensauswahl (Jordan et al., 2014) in Verbindung gebracht.

Körperliche Gesundheit

Es gibt nur wenige Belege für eine deutliche Gewichtsabnahme durch achtsames Essen, aber es gibt Hinweise darauf, dass Achtsamkeit und achtsames Essen eine Rolle bei der Vorbeugung einer Gewichtszunahme spielen können und ein ausgewogenes Essverhalten fördern können (Warren et al., 2017). Bei adipösen Personen hat sich achtsames Essen außerdem positiv auf das Risiko an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erkranken ausgewirkt (Dalen et al., 2010).

Psychische Gesundheit

Achtsames Essen wird mit einer verbesserten Emotionsregulierung und einer geringeren emotionalen Erregung in Verbindung gebracht (Warren et al., 2017). Eine gute Emotionsregulierung kann dazu beitragen, die körperliche und psychische Reaktion auf Stress zu verringern und das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. In einer Studie konnten solche positiven Veränderungen durch achtsames Essen konkret gezeigt werden, darunter eine Verringerung von Depressionssymptomen, wahrgenommenen Stress und negativen Gefühlen (Dalen et al., 2010).

Das Essen bewusst wahrzunehmen kann eine ganz neue und bereichernde Erfahrung sein.

Tipps für achtsames Essen

Nachdem wir einen Blick darauf geworfen haben, wie achtsames Essen einen positiven Einfluss auf unsere körperliche und psychische Gesundheit haben kann, möchten wir nun praktische Schritte erkunden, wie Du diese Praxis in deinen Alltag integrieren kannst.

  • Verringere Deine Essgeschwindigkeit: Achte darauf, vor dem Schlucken gründlich zu kauen, kleinere Bissen zu nehmen und zwischen den Bissen eine Pause einzulegen. In dieser Pause ist es hilfreich, einen Schluck Wasser zu trinken.

  • Verringere die Portionsgrößen: Reduziere die Essensmenge deiner ersten Portion und nimm Dir bei Bedarf lieber nach. Es kann helfen, kleinere Teller zu verwenden.

  • Reduziere Ablenkungen: Schalte Fernseher, Musik oder Podcast aus und setz Dich an einen Tisch, um Dich nur auf das Essen konzentrieren zu können.

  • Beachte Hunger- und Sättigungssignale: Höre auf die Signale Deines Körpers. Überlege, ob Dein Bedürfnis nach Essen in Hunger begründet liegt oder ob eine Emotion zugrunde liegt. Hör auf zu essen, wenn Du Dich zufrieden und satt fühlst. Reste können gut im Kühlschrank oder Gefrierfach aufbewahrt werden.

  • Genieße mit allen Sinnen: Schaffe eine positive und angenehme Umgebung und nimm das Essen bewusst mit allen Sinnen wahr: Achte auf Farbe, Textur, Aroma und Geschmack der Nahrung.

Übung: Achtsames Essen

Eine der bekanntesten Achtsamkeitsübungen ist die Rosinenübung aus dem Mindfulness-Based Stress Reduction Training, das erstmals 1979 von Prof. Dr Jon Kabat-Zinn et al. entwickelt wurde. Diese einfache, aber kraftvolle Übung ermöglicht es Dir, achtsames Essen zu praktizieren und Deine Sinne zu schärfen. Ganz gleich, ob Du Anfänger in Sachen Achtsamkeit bist oder bereits Erfahrung hast, die Rosinenübung kann eine inspirierende und erkenntnisreiche Erfahrung bieten.

Welches Essen dafür verwendet wird, ist aber egal. In unserer Adaptation der Übung verwenden wir ein Stück Schokolade - für extra viel Genuss.

Du kannst aber z.B. auch die klassische Rosine, eine Dattel oder ein Stück Apfel nehmen.

Es geht darum, dem Stück Schokolade die volle Aufmerksamkeit zu schenken und es ganz langsam und bewusst zu essen. Welche Sinneserfahrungen, Gedanken und Gefühle tauchen dabei auf?

Starte die Übung, indem Du drei tiefe Atemzüge nimmst: Durch die Nase ein und durch den Mund wieder aus. 

Sehen:

Nimm das Stück Schokolade und betrachte es sorgfältig, als ob Du es zum ersten Mal siehst. Schau es Dir von allen Seiten an und halte es gegen das Licht, um die Details zu erkunden. Welche Farbe und Form hat die Schokolade, welche Beschaffenheit die Oberfläche?

Fühlen:

Spüre, wie sich das Stück Schokolade anfühlt. Streiche mit deinen Fingern darüber und fühle die Beschaffenheit und Textur der Oberfläche. Drücke leicht darauf. Ist die Schokolade eher fest oder weich?

Hören:

Halte das Stück Schokolade an Dein Ohr. Klopfe mit dem Finger dagegen, schüttle es, drücke es und lausche auf mögliche Geräusche, die es dabei erzeugt.

Riechen:

Nun rieche an dem Stück Schokolade. Hat die Schokolade ein starkes Aroma? Ist es fruchtig, würzig oder süß?

Schmecken und Fühlen:

Lege das Stück Schokolade auf Deine Zunge, aber beiße noch nicht zu. Wie fühlt sich das Stück im Mund an? Ist es eher hart oder weich? Bewege das Stück im Mund hin und her und lasse es langsam auf der Zunge zergehen.  Was schmeckst Du? Verändert sich der Geschmack, wenn Du das Stück im Mund bewegst?

Essen:

Du kannst das Stück entweder vollständig im Mund schmelzen lassen oder langsam anfangen zu kauen. Nimm jeden Bissen bewusst wahr und achte darauf, wie sich der Geschmack und die Beschaffenheit der Schokolade verändert. Schlucke bewusst.

Sich ganz auf das Hier und Jetzt des Essens einzulassen, erfordert in unserem hektischen Alltag oft eine bewusste Haltung.

Teil der Übung ist es auch, das Erfahrene zu reflektieren: Wie war diese Erfahrung für Dich? War es leicht oder schwierig, sich auf die Übung einzulassen? Für viele Menschen ist diese Art der Nahrungsaufnahme erst einmal sehr ungewohnt und fühlt sich seltsam an. Das ist normal. Es geht nicht darum, jede Mahlzeit auf diese Art und Weise zu sich zu nehmen, sondern darum, das Bewusstsein für alle Sinne beim Essen zu fördern.

Achtsamkeitsanker Nahrungszubereitung

Achtsamkeit kann aber nicht nur beim Essen sondern auch schon bei der Nahrungszubereitung selbst geübt werden, indem man den Prozess des Kochens als Achtsamkeitsanker setzt.

Ein Achtsamkeitsanker ist ein Hilfsmittel oder ein Fokus, der dazu dient, die Aufmerksamkeit im gegenwärtigen Moment zu halten. Dieser Anker wird während der Praxis der Achtsamkeit verwendet, um die Gedanken von ablenkenden oder störenden Einflüssen zurückzuführen und die Konzentration auf den aktuellen Augenblick zu verstärken. Was dabei als Anker genutzt wird ist persönlich und flexibel und hängt von den Vorlieben jeder*s Einzelnen ab.

Wie du das Kochen als Achtsamkeitsanker nutzen kannst, folgt den gleichen Prinzipien wie das achtsame Essen:

  • Reduziere Ablenkungen durch Fernsehen, Telefon oder andere elektronischen Geräte und konzentriere Dich nur auf den Prozess des Kochens.

  • Nutze alle Sinne während des Kochens. Rieche die Aromen von Gewürzen und Zutaten, höre das Knistern oder Brutzeln in der Pfanne, betrachte die Farben der Lebensmittel, fühle ihre Textur und schmecke sie.

  • Lasse in Dir ein Gefühl von Dankbarkeit entstehen, für die Nahrung, die Du zubereitest. Sei dankbar für die Arbeit, die Du getan hast, um Dir ein gutes Essen zu bereiten und für die Arbeit, die in die Produktion der Zutaten ging.

  • Betrachte das Kochen als eine Art Meditation. Lasse störende Gedanken los und konzentriere Dich auf die gegenwärtige Tätigkeit.

Auch den Kaffee zwischendurch kannst Du nutzen, um einen kurzen Moment der Achtsamkeit einzubauen. Lass Dein Handy am Arbeitsplatz liegen und nimm Dir die Zeit, mit allen Sinnen im gegenwärtigen Moment zu sein. Du kannst die Augen schließen und ein paar tiefe bewusste Atemzüge nehmen, während Du wartest, dass Dein Kaffee fertig gekocht ist. Nimm das Aroma wahr, dass sich dabei im Raum entfaltet und die Geräusche, die das kochende Wasser macht. Wenn Du deinen Kaffee gerne mit Milch trinkst, schau wie sich die Farbe verändert, sobald Du sie in die Tasse gibst. Und dann genieß den leckeren Geschmack und die wohlverdiente Pause 😊

Der Kaffee zwischendurch kann Dich als Achtsamkeitsanker im Hier und Jetzt verankern.

Von bewusster Atmung über die Wahrnehmung aller Sinne bis hin zur Rosinenübung von Jon Kabat-Zinn – diese kleinen Schritte können einen großen Einfluss auf Dein Esserlebnis und Dein allgemeines Wohlbefinden haben. Denke daran, dass es beim achtsamen Essen nicht darum geht, was Du isst, sondern wie Du isst. 

Abschließend möchten wir Dich ermutigen, diese Achtsamkeitspraxis in Deine täglichen Routinen zu integrieren. Solche kurzen Momente der Achtsamkeit können eine spürbare Wirkung auf das Wohlbefinden haben. Die kleinen Unterbrechungen ermöglichen es, Stress abzubauen, die Konzentration zu schärfen und eine bewusste Verbindung zum Hier und Jetzt zu schaffen. Durch diese kurzen achtsamen Pausen kannst du nicht nur den Stress des Alltags mildern, sondern auch eine positive Veränderung in deiner inneren Balance erleben.

Disclaimer: Dieser Beitrag zielt nicht darauf ab, Ernährungsratschläge zu geben, sondern die Bedeutung einer achtsamen Haltung beim Essen zu unterstreichen. Welche Nahrung die innere Widerstandskraft steigern kann, kannst Du in diesem Blogbeitrag nachlesen: https://www.letsflow.reisen/blog/resiliente-ernahrung-wie-nahrung-unsere-widerstandskraft-steigern-kann.

Des Weiteren möchten wir darauf hinweisen, dass das Thema Essen bei einigen Menschen unangenehme Gefühle auslösen kann. Wenn Du feststellst, dass Dein Verhältnis zum Essen negative Auswirkungen auf Dich hat, findest Du hier Ressourcen, die Dir helfen können: https://www.bzga-essstoerungen.de/.

Quellen:

Kabat-Zinn, J. (1990). Full catastrophe living - Using the Wisdom of Your Body and Mind to Face Stress, Pain, and Illness. Delacorte Press.

Dalen, J., Smith, B. W., Shelley, B. M., Sloan, A. L., Leahigh, L., & Begay, D. (2010). Pilot study: Mindful Eating and Living (MEAL): Weight, eating behavior, and psychological outcomes associated with a mindfulness-based intervention for people with obesity. Complementary Therapies in Medicine, 18(6), 260–264.

Warren, J., Smith, N., & Ashwell, M. (2017). A structured literature review on the role of mindfulness, mindful eating and intuitive eating in changing eating behaviours: effectiveness and associated potential mechanisms. Nutrition Research Reviews, 30(2), 272–283.

Monroe, J. T. (2015). Mindful eating. American Journal of Lifestyle Medicine, 9(3), 217–220.

Jordan, C. H., Wang, W., Donatoni, L. R., & Meier, B. P. (2014). Mindful eating: Trait and state mindfulness predict healthier eating behavior. Personality and Individual Differences, 68, 107–111.

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